In dieser Woche hat die AfD gleich zwei Anträge im Deutschen Bundestag vorgelegt, die ihre Prioritätensetzung in der Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik offenbaren. Es geht nicht etwa um das Wohl unserer Landwirte oder die Zukunft der Landwirtschaft. Nein, sie sorgen sich um Insekten in Lebensmitteln.
Insekten in Lebensmitteln? Ja, das ist auf den ersten Blick keine schöne Vorstellung. Aber, wie die AfD, gleich vermeintlich gesundheitsgefährdende Stoffe und Risiken zu beschwören, ist weit an der Realität vorbei. Denn für alle im Verkehr befindlichen Lebensmittel gilt: Es gelangen gemäß EU-Vorgaben nur solche in den Handel, die sicher und ordnungsgemäß gekennzeichnet sind, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schützen und nicht in die Irre zu führen. Das heißt: Lebensmittel, die Insekten enthalten, müssen das in ihrer Zutatenliste deutlich und verständlich aufführen. So klar, so wahr.
Wie immer lenkt die AfD mit ihren Anträgen vom Wesentlichen ab. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass wir seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch in der Agrar- und Ernährungspolitik eine Zeitenwende erleben. Mehr denn je braucht es ein klares Bekenntnis zur Landwirtschaft und zur Ernährungssicherung. Dafür ist auch ein Neudenken in der Agrarpolitik in Deutschland und Europa notwendig – gerade wenn wir eine erschwingliche und gesunde Ernährung unserer Bürgerinnen und Bürger in jeder Einkommensschicht in Zeiten hoher Inflation und steigender Lebenshaltungskosten sicherstellen wollen.
Dazu gehört erstens eine starke Tierhaltung und eine politische Perspektive für die Tierhalter in Deutschland. Es braucht ein tragfähiges Gesamtkonzept zur Tierhaltungskennzeichnung, das planbare Investitionen in Tierwohlställe und Änderungen im Bau- und Immissionsrecht umfasst.
Dazu gehört zweitens ein Ausbau der Ressourceneffizienz in der Landwirtschaft. Wir müssen auch künftig das vorhandene Potenzial der in Produktion befindlichen landwirtschaftlichen Flächen weitestmöglich nutzen. Dafür braucht es Klarheit bei den Stilllegungs-Regelungen.
Dazu gehört drittens eine Willkommenskultur für Innovationen in der Landwirtschaft. Errungenschaften im Bereich der Pflanzenzucht ermöglichen es beispielsweise, Nutzpflanzen resilienter gegen Klima- und Umwelteinflüsse und resistenter gegen Erreger und Schadinsekten werden zu lassen. Die Chancen der Digitalisierung, des Smart Farmings und neuer Technologien müssen wir noch deutlich mehr nutzen und den Landwirten zur Verfügung stellen. Der Weg für neue Züchtungsmethoden in der Landwirtschaft muss dringend frei gemacht werden.
Das sind die Dinge, die angepackt werden müssen, anstatt über gute und schlechte Lebensmittel zu diskutieren oder ökologische Erzeugung gegen konventionelle auszuspielen. Landwirtinnen und Landwirte brauchen keine ideologische Bevormundung oder schlecht gemeinte Ratschläge aus der rechten Ecke, sondern wissenschaftliche Begleitung und Rahmenbedingungen, die die Innovationsfreudigkeit fördern. Wir brauchen keine schrumpfende Landwirtschaft, sondern Ernährungssouveränität. Nur dann kann Deutschland einen starken Beitrag zur Ernährungssicherung in der Welt leisten.